Thomas Werner studiert von 1978 bis 1984 an der Kunstakademie Karlsruhe bei Georg Baselitz. Nach seinem Abschluss beschäftigen ihn das Thema Ornament und Abstraktion und die Frage, wie die Eigenwertigkeit von Farbe und Form zurück zu gewinnen und nach Möglichkeit gesteigert werden kann. Mit diesem Anliegen beginnt Werner 1999 dann, seine Bilder am Computer zu entwerfen. In der Ausstellung zeigen wir Werke, die in dieser – zwölf Jahre währenden – Computerphase entstanden sind. Die Auswahl beleuchtet Werners künstlerischen Umgang mit den digitalen Werkzeugen und führt uns die ausufernden, teils auch willkürlichen Effekte der Digitalisierung in der Malerei vor Augen.
Thomas Werner recycelt, morpht und sampelt Bildmaterial aus dem Internet, aus Zeitungen, Inseraten oder von Fotografien aus seinem Besitz, passt es an und wertet es um. Teilweise schneidet er Schriftelemente aus der Vorlage aus, transformiert sie auf dem Screen in neue Formen und fügt sie dann wieder ins Bild ein. Die verschiedenen Bildelemente sind – geschoben, gestapelt oder gestaut – miteinander im Dialog. Manchmal nehmen der Titel, die Farben und Formen Bezug auf das Werk eines anderen Künstlers. Lehrstunde zum Beispiel ist eine Reverenz an Philipp Otto Runges Lehrstunde der Nachtigall. Im Werk Portrait Nay zitiert Werner den deutschen Maler Ernst Wilhelm Nay, in Portrait Grosse die Künstlerin Katharina Grosse. Mit den digitalen Mitteln – «copy», «paste», «blur» oder «blend» – macht er seine Auseinandersetzung mit deren Werk sichtbar. Die Inspiration, sagt er, finde er in der Kunstgeschichte, aber vor allem beim Arbeiten selbst.
Die Hintergründe, die Backgrounds, werden vorab von Hand gemalt, dann importiert und ins Bild montiert oder unterschiedlich in Bilder eingesetzt. Bei Männerkopf, Frauenkopf und Kniender wird die malerische Unschärfe der beiden Werke Portrait Nay und Portrait Grosse massstäblich auf die Skulptur übertragen. Schliesslich lösen sich Farben und Formen in den Aquarellen, die Werner als Vorstudien und Entwürfe dienen, etwa in Figur aus Monument, gänzlich auf. Thomas Werner sagt: Wenn der kreative Prozess am Computer stattfinde, ändere sich «die Art und Weise der Malerei insofern, als das Malen selbst wieder zu etwas sehr Handwerklichem wird». Die Bildfindung am Computer, das Austesten der Werkzeuge und unendlichen Möglichkeiten, ist demgegenüber hier paradoxerweise der «kreativere» Vorgang.
Die Digitalisierung verändert unsere traditionellen Arbeitsweisen und den Umgang mit Menschen und Dingen. In der Malerei von Thomas Werner werden digitale Effekte sichtbar und erfahrbar. Für den Künstler ist wesentlich, dass er unabhängig, das heisst ebenso mit dem wie auch ohne Computer künstlerisch arbeiten kann. Der bewusste Einsatz des Computers aber hat zu kreativen Erkenntnissen und zur positiven Entwicklung seiner Malerei beigetragen.
Thomas Werner wurde 1957 in Neu-Ulm (DEU) geboren und lebt und arbeitet in Frankfurt am Main (DEU).