Die Begegnung mit dem Kunstschaffen von Matthieu Ronsse geht über die Betrachtung eines Bildes hinaus: Sie animiert uns zum Eintauchen in einen kreativen Prozess. Denn der Künstler überführt Elemente wie Keilrahmen oder alte Möbel aus dem Atelier in den Ausstellungsraum. Das Werk Marginalia geht genau den umgekehrten Weg, denn es zeigt ein intimes Aktbild und den verlassenen Arbeitsplatz des Künstlers in der freien Natur.
Das Bild Marginalia überrascht durch seine aussergewöhnliche Schärfe und ausgefallene Lichtstimmung. Trotz der idyllischen Szenerie werden unsere Sehgewohnheiten durch eine beinahe gespenstische Bildwirkung irritiert, die Ronsse mithilfe eines aufwendigen Verfahrens erzielte: Das Motiv wurde nicht mit einer Fotokamera aufgenommen, sondern mit einem Scanner (die Aufnahme dauert bis zu sechs Minuten), anschliessend als pigmentierter Tintenstrahldruck auf Papier übertragen und auf eine Aluminium-Verbundplatte kaschiert. Dieses technische Vorgehen bietet die derzeit bestmögliche Bildwiedergabe hinsichtlich der Farbbrillanz, Farbtreue und Archivbeständigkeit. Für die Anordnung der Bildgegenstände, der Staffelei, der Leinwand und der übrigen Arbeitsutensilien, wählte Matthieu Ronsse das Prinzip der Dreieckskomposition. Es fand insbesondere in der Malerei der Renaissance Anwendung, als ein Mittel, Klarheit, Ruhe und Harmonie zu vermitteln.
Die heterogene Motivwelt von Matthieu Ronsse umfasst Interieurs, Stillleben, Momentaufnahmen von Hardcore-Konzerten, Pin-up-Mädchen und immer wieder Adaptionen aus der Kunstgeschichte: da Vinci, Watteau, Goya, Manet, Fragonard und in geradezu exzessiver Weise Velázquez. Einen Widerhall findet in seinem Werk auch der Surrealismus des belgischen Malers René Magritte.
Geboren wurde Matthieu Ronsse 1981 in Kortrijk (BEL). Er lebt in Ghent (BEL) und arbeitet in Oudenaarde (BEL).
Tätigkeitsbereiche: Malerei, Installation, Skulptur