Wohl nur wenige Kunstschaffende können auf ein derart breit gefächertes und derart eng mit kulturpolitischem Engagement verwobenes Portfolio verweisen wie Josef Felix Müller. Der Bildhauer und Maler ist zugleich Verleger des Vexer Verlags, war 1985 Mitbegründer der Kunst Halle Sankt Gallen, die er von 1993 bis 1995 leitete, und wurde 2014 zum Präsident des Berufsverbands Visarte Schweiz gewählt.
Seine Kindheit verbrachte Müller auf dem elterlichen Bauernhof im St. Galler Rheintal. Nach einer Ausbildung als Stickereientwerfer begann er ab Mitte der 1970er-Jahre künstlerisch zu arbeiten. Im Sog des Neo-Expressionismus der Neuen Wilden, die mit ihren wüsten Figurationen Furore machten, wandte er sich um 1980 der oft expliziten Darstellung des menschlichen Körpers und seiner Triebhaftigkeit zu und bearbeitete Themen wie Sexualität, Tod und Gewalt. Nachdem 1981 während einer Ausstellung in Fribourg der Zyklus Drei Nächte – drei Bilder wegen «unzüchtiger Veröffentlichung» von der Polizei beschlagnahmt worden war, reichte Müller Beschwerde beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ein – mit Erfolg: Das dort bestätigte Recht auf Kunstfreiheit fand am Ende sogar Eingang in die revidierte Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft. Der dreifarbige Holzschnitt Kopf mit Hand aus der Sammlung der Mobiliar entstand 1987, nur wenige Monate nach seinem frühen Hauptwerk, dem grossformatigen Zyklus Tasten durch den feinen Nebel der Sinnlichkeit, den er in den zum Druckstock umfunktionierten Holzboden seines Ateliers geschnitten und von diesem abgenommen hatte. Das kleine Blatt zeigt das Porträt einer kahlköpfigen Figur, vor deren Gesicht sich die Finger einer Hand wie ein Monokel um das rechte Auge legen. Melancholie und Pathos, die darin zum Ausdruck kommen, prägen auch andere Werke Müllers aus dieser Zeit, vor allem seine mit der Kettensäge bearbeiteten Figurengruppen. In den 2000er-Jahren wandte sich Müller dann verstärkt der Landschaftsmalerei zu und schuf Zyklen in fotorealistischer Detailtreue.
Josef Felix Müller galt in den 1980er-Jahren neben Miriam Cahn, Martin Disler, Peter Emch und Klaudia Schifferle als führender Vertreter der Neuen Wilden in der Schweiz. Seit 2012 praktiziert er künstlerische Unmittelbarkeit unter anderem in einem eigenen Blog im Internet.
Josef Felix Müller, 1955 geboren in Eggersriet (CHE), lebt und arbeitet in St. Gallen (CHE).
Tätigkeitsbereiche: Skulptur, Malerei, Aquarell, Zeichnung, Radierung, Holzschnitt, Buch, Lithographie, Kunst am Bau