Die Sehnsucht nach Natur in einer urbanisierten Welt kennt viele Spielformen: Schrebergärten sind wieder im Kommen, wer es sich leisten kann, richtet sich ein Refugium auf dem Land ein, die anderen hegen und pflegen ihren Vorgarten oder betreiben Urban Gardening. Die Fotografin und Installationskünstlerin Esther van der Bie nimmt in ihren Werken unser Verhältnis zur Natur humorvoll-kritisch unter die Lupe.
Dass die Fotografie kein objektives Medium ist und einen manipulativen Charakter haben kann, ist längst bekannt. Dass dies auch auf die Landschaftsfotografie zutrifft, machen wir uns nur bewusst, wenn allzu eindeutig mit Filtern oder nachträglichen Korrekturen gearbeitet wurde. Esther van der Bie nutzt die Fotografie für Manipulationen, die enttarnen statt zu kaschieren. In der Kunstsammlung der Mobiliar befinden sich drei ihrer Werke aus der Serie Wälder und Verwandte (2002) sowie zwei Bilder aus der Serie Nur Natur. Für Wälder und Verwandte hat die Künstlerin in ihrem Studio Natur nachgebaut – allerdings so, dass sie eindeutig als Nachbau erkennbar wird, etwa bei den in Plastikkisten gesetzten Birkenstämmen. Und doch, trotz dieser Künstlichkeit, assoziieren wir einen Wald. Andersherum verfuhr sie in Nur Natur. Hier suchte sie in der Natur nach Bildmotiven, die künstlich wirken, als seien sie im Studio inszeniert worden. Auf diese Weise hinterfragt Esther van der Bie romantisierende Vorstellungen von Natur in einer Welt, die von Kontrollierbarkeit und Künstlichkeit geprägt ist.
Esther van der Bie absolvierte in Bern eine Ausbildung zur Kunsterzieherin, anschliessend arbeitete sie selbstständig, unter anderem als Food-Fotografin. Für ihre künstlerischen Arbeiten hat sie bereits diverse Stipendien und Preise erhalten, darunter den des Schweizerischen Wettbewerbs für Berufsfotografie (SELECTION) 2004. Sie ist Dozentin an der Schule für Gestaltung Bern/Biel und unterrichtet regelmässig als Gastdozentin mit Schwerpunkt Fotografie an der Hochschule der Künste Bern. 2016 widmete ihr das Pasquart Kunsthaus in Biel eine umfangreiche, viel beachtete Einzelausstellung.
Esther van der Bie wurde 1962 in Arbon (CHE) geboren. Heute lebt sie in Bern (CHE).
Tätigkeitsbereiche: Fotografie, Installation
Dann wäre Denken auch ausserhalb der sprachlichen Hegemonie eine Selbstverständlichkeit.