Verena Immenhauser (*1939)

Die Künstlerin und Kunsthistorikerin Verena Immenhauser nutzt vornehmlich das Medium Fotografie, um innere Strukturen aus unserer Lebenswelt offenzulegen und unseren Sehsinn zu hintertreiben. Damit lädt sie den Betrachter zu einem schöpferischen Sehen ein.

Die fotografische Serie Toronto, Spiegelbilder zeigt vordergründig Häuserfronten in der kanadischen Metropole Toronto, aber sie ist nur auf den ersten Blick dokumentarisch. Die Künstlerin mag zwar einen Ausschnitt aus der materiellen Realität eingefangen haben, aber durch die extreme Nahsicht verliert sich der Kontext, und es entstehen neue Assoziationslinien. Spiegeleffekte erzeugen eine Desorientierung des Betrachters, Fensterreihen werden zu stürzenden Linien, Gebäudekanten rutschen über Spiegelflächen. Der materiellen Wirklichkeit tritt auf diese Weise eine immaterielle gegenüber. Das Bild erzeugt eine Parallelwelt, die erst durch das Sehen und durch Deutungsversuche entsteht – eine eigene Welt der Formen, Linienführungen und Stilmittel, die sich neu zusammensetzen und auf etwas verweisen, das nicht da ist. Die Reduktion führt zur Ausweitung und Bereicherung der Realität.

Dass bei Immenhauser das vermeintlich dokumentarische Medium ohne digitale Bearbeitung Situationen heraufzubeschwören vermag, die sich so in der Wirklichkeit nicht finden lassen, verweist auch auf das Täuschungspotenzial, das der Fotografie seit ihrer Erfindung innewohnt. Indem sie die Grenzen zwischen Realität und Illusion, Täuschung und Inszenierung verwischt, erinnert die Künstlerin daran, wie relativ der Blickwinkel und damit immer auch das Gesehene ist.

Verena Immenhauser wurde 1939 in Männedorf (CHE) geboren. Sie lebt in Bern (CHE).

Tätigkeitsbereich: Fotografie