Es scheint verkürzt, sie als Fotografin zu bezeichnen, doch ist sie auch keine Installationskünstlerin: Ursula Mumenthaler übersetzt mit der Fotokamera künstlerisch veränderte oder selbst geschaffene räumliche Situationen ins Bildhafte, um unsere Wahrnehmung von Architektur und unsere Sehgewohnheiten zu befragen.
Mumenthalers Schaffen kreist zunächst um Interieurs: In leer stehenden Bauten nimmt die Künstlerin in den 1980er-Jahren malerisch illusionistische Eingriffe vor, die sie anschliessend ablichtet. Auf den fertigen Fotos scheinen sich Räume surreal in die Tiefe zu erweitern oder axial zu spiegeln. Bald werden die Interventionen geometrisch-abstrakter: Vor den Blick in weitläufige Hallen und Zimmerfluchten schieben sich Rechtecke und Quadrate, welche die architektonischen Elemente überlagern. Was wie eine digitale Montage und doch ungleich physischer wirkt, ist wiederum Resultat einer perspektivisch komplexen Raummalerei, die unsere Sehweise auf die Probe stellt: Vorder- und Hintergrund, zwei- und dreidimensionales Sehen geraten durcheinander. Die Verfremdung der räumlichen Wahrnehmung und das Spiel mit Abbild- und Fiktionscharakter der Fotografie führen Mumenthaler ab Ende der 1990er-Jahre zur Arbeit mit Modellen. Sind es zunächst selbst gefertigte Innenräume, die sie mit unterschiedlichen Bemalungen, Lichtsituationen und Fensterausblicken erkundet, so inszeniert sie seit 2008 Kartonmodelle von scheinbar verlassenen Städten vor verschiedenen, teils apokalyptisch anmutend Kulissen, aus der Vogelperspektive oder als Veduten. Das Verhältnis von Architektur und Natur ist zunehmend wichtiger geworden, was sich auch in Mumenthalers dokumentarischen Aufnahmen von städtischen Brachen oder in der Arbeit mit Medienbildern von Umweltkatastrophen manifestiert.
Mumenthalers Studium an der Ecole supérieure d’art visuel in Genf am Fachbereich Mixed Media bei Chérif Défraoui dürfte ihren konzeptuellen Ansatz wesentlich geprägt haben. Die Künstlerin wurde mehrfach ausgezeichnet und hat auch verschiedene Kunst-am-Bau-Projekte realisiert.
Ursula Mumenthaler, 1955 geboren in Staffelbach (CHE), lebt und arbeitet in Genf (CHE).
Tätigkeitsbereiche: Fotografie, Kunst und Bau
«Kunst bringt uns nur weiter wenn sie hinterfragt, Emotionen erweckt, irritiert,
unsere Wahrnehmung verändert, oder sogar schockiert.»