Die zunehmende Verschränkung von realer und digitaler Sphäre scheint in Peter Aerschmanns Videoanimationen eine bildhafte Umsetzung zu finden. Fragmente aus eigenen Videos und Fotografien kombiniert er auf virtuellen Bühnen zu verstörenden Simulationen unserer Wirklichkeit, mit denen er soziopolitische und ökonomische Muster der globalisierten Welt beleuchtet.
Peter Aerschmann studierte Informatik in Bern und besuchte anschliessend von 1994 bis 1999 die dortige Hochschule der Künste. Seither sammelt er als freiberuflicher Künstler im öffentlichen Raum, in seinem Wohnort Bern oder auf Reisen, das Material für seine Werke. So wächst ein umfangreiches Archiv mit filmischen Sequenzen und Fotos an, aus denen Aerschmann am Computer einzelne Elemente isoliert und zu digitalen Collagen zusammenfügt. In diesen sehr wirklichkeitsnahen und doch eindeutig künstlichen, tonlosen Szenerien können sich disparate Motive überlappen. Burkaträgerinnen aus Alexandria begegnen vermummten Polizisten aus New York (Eyes, 2006), und westliche Badetouristen sitzen vor gigantischen Ölförderanlagen im Sand, während bewaffnete Militärs patrouillieren (Oil, 2008). Typischerweise sind einzelne Figuren und Objekte eingefroren, während andere loopartig die stets gleichen Gesten vollführen. Auf einer gigantischen Baustelle etwa hebt und senkt sich nur der Arm eines Krans hinter scheinbar erstarrten Strassenarbeitern (Babel I, 2012). Auf diese Weise verdichtet der Künstler alltägliche Beobachtungen zu stereotypen Bildern, die, zuweilen gespickt mit kunsthistorischen Referenzen, eine teils komische, oft aber beklemmende Bestandsaufnahme unserer Zeit ergeben.
Aerschmann gehört zu den führenden Animationsfilmkünstlern der Schweiz. Er wurde mehrfach ausgezeichnet, unter anderem 2002 mit dem Eidgenössischen Preis für freie Kunst. Als Initiant und Mitbegründer des Atelier- und Kulturhauses PROGR in Bern sowie von Residency.ch trägt er zudem aktiv zum kulturellen Austausch in der Schweizer Bundeshauptstadt bei.
Peter Aerschmann, 1969 geboren in Fribourg (CHE), lebt und arbeitet in Bern (CHE).
Tätigkeitsbereiche: Video, Animationsfilm, Fotografie, Druckgrafik, Installation
Dann haben wir etwas gesehen, erkannt und verstanden.