Max Gublers gegenständliche, zwischen Impression und Expression stehende Malerei stellt in der Zürcher Kunstlandschaft der 40er und 50er Jahre einen Gegenpol zur konkreten Kunst dar, deren Kompositionen auf geometrischen Formen und reinen Farben beruhen. Seine Bildvorwürfe entstammen den klassischen Bildgattungen: Figur, Landschaft, Porträt und Stillleben.
Es ging ihm weniger um die traditionelle Darstellung des Gegenstands als um die Erkundung der Farbenkraft und der Intensität des Lichts. Er machte die Malerei an sich zu seinem Hauptthema, d. h. den Umgang mit den Formen und Farben auf dem gegebenen Geviert der Leinwand. In jungen Jahren waren für ihn Pablo Picasso, Ferdinand Hodler und Paul Cézanne wichtige Leitfiguren. Überblickt man sein Lebenswerk, so spannt sich ein weiter Bogen von den frühen, oft dunkeltonigen und eher bedrückenden Bildszenen über die lichtdurchfluteten, im italienischen Lipari entstandenen Landschaften mit Figuren, die besinnlichen Interieurs und die locker erfassten Limmatlandschaften bis zu den faszinierenden Nachtbildern, die zusammen mit den späten Stillleben etwas über den inneren Konflikt des Menschen Max Gubler verraten.
Das Stillleben mit Distel in blauer Vase und Apfelkorb gehört zu den späten Werken Gublers, als in seinen "natures mortes" Fische, tote Vögel und getrocknete Blumen aufzutauchen beginnen. In dieser späten Schaffensphase erlangen sie zunehmend symbolische Bedeutung und thematisieren – im Sinne der alten niederländischen Stillleben – Aspekte der Vergänglichkeit. Der verdorrten, stacheligen Distel, die sinnbildlich auch für Standhaftigkeit steht, setzt der Künstler die beiden Schalen mit reifen, prallen, aber kaum zu identifizierenden Früchten und einen leeren Teller gegenüber. Im Vordergrund bildet eine Zitrone zur tiefblauen Vase einen klaren Kontrast. Der tonig gemalte Hintergrund hält die in satten, leuchtenden Farben gemalten Gegenstände zusammen. Durch die heftige, bewegte Pinselführung entsteht ein pulsierendes Lebensgefühl, das sich der Ahnung von Vergänglichkeit widersetzt.
(Quelle: Katalog ‚Innovation und Tradition‘, Bern 2001)
Max Gubler wurde 1898 in Zürich geboren; er starb 1973 ebenda.
Tätigkeitsbereiche: Malerei, Zeichnung
«Die Motive liegen vor der Nase, ein paar Schritte vom Haus und im Haus und überall in der nächsten Umgebung.» Max Gubler, 1937