Marie José Burki (*1961)
Marie José Burki ist bekannt für ihre Fotoserien und poetischen Videoarbeiten, die in der stillen Beobachtung alltäglicher Szenen und scheinbar nebensächlicher Details grundsätzliche Reflexionen über Fragen der Wahrnehmung, der Repräsentation und des Lebens in der Gegenwart auslösen.
Burki studierte in den frühen 1980er-Jahren sowohl französische Literatur und Geschichte an der Universität Genf als auch Kunst in der Mixed-Media-Klasse von Silvie und Chérif Defraoui an der École supérieure d’art visuel. 1985 entstand hier als eine ihrer ersten Videoarbeiten Celui qui a vu passer les éléphants blancs über das Verhältnis von Zeit und Raum aus der Perspektive einer Schnecke und eines Flugzeugs, mit der sie 1992 – gerade mal 31-jährig – zur documenta IX nach Kassel eingeladen wurde.
Was Burki in ihrer Arbeit interessiert, ist das Verhältnis zwischen Abbild und Wirklichkeit, zwischen der im Bild aufgehobenen und der im Raum verstreichenden Zeit. Wie dieses Verhältnis unseren Blick auf die Welt und unsere Erzählungen über die Wirklichkeit prägt, untersucht Burki in fotografischen Serien sowie in filmischen Arbeiten, in denen sich die Bilder oft mit gesprochener Sprache, Text, Sound oder Musik verknüpfen, ihr Rhythmus aber immer wieder irritiert wird durch den Einsatz von Stills oder Wiederholungen. Die Videoarbeit Prés d’ici (II) (2010) aus der Kunstsammlung der Mobiliar ist für diesen poetisch-analytischen Blick geradezu exemplarisch. Im Zentrum steht hier eine Gruppe Jugendlicher in einem Park. Während sich die Kamera langsam durch das Gelände bewegt, rücken die Körper der Teenager ins Bild, oft angeschnitten, das Gesicht halb abgewendet, mit Blick auf den verrutschten Träger eines BHs, einen Nietengürtel, den gefärbten Ansatz eines Scheitels. In extremer Nahsicht auf die jungen Menschen, auf ihre Gesten, Codes und modischen Accessoires, schärft Burki hier zugleich die Wahrnehmung für das Überzeitliche der jugendlichen Suche nach Abgrenzung und Zugehörigkeit, Individualität und Anpassung.
Als eine Pionierin der Videokunst in der Schweiz gehört Marie José Burki zu ihren wichtigen und einflussreichen Vertreterinnen.
Marie José Burki, 1961 geboren in Biel/Bienne (CHE), lebt und arbeitet in Brüssel (BEL) und Paris (FRA).
Tätigkeitsbereiche: Video, Fotografie, Installation
