Intuition, Spontaneität, Dynamik – für Lukas Schneeberger ist Malerei eine Frage der experimentellen Erkundung des Bildraums. Auf mittel- bis großformatigen Leinwänden schichtet er die Farben in ausladenden Bewegungen zu abstrakten Bildern, die er dann in wechselnden Hängungen in immer neue Beziehungen zueinander setzt. Im Zentrum steht für ihn die Prozesshaftigkeit der künstlerischen Arbeit.
Schneeberger wuchs im Thurgau auf. Nach einer Ausbildung zum Primarlehrer arbeitete er zunächst in Rebstein im Rheintal, bevor er als Jobcoach für Jugendliche nach St. Gallen zog. Er begann schon früh zu zeichnen und ist auch als Maler Autodidakt. Erste gegenständliche Bilder entstanden um 2006. Später, mit dem Umzug in ein eigenes grosses Atelier, wandte er sich zunehmend einer gestischen Malerei zu, in der er mittlerweile durch vielfache Übermalung, Verdichtung und sukzessive Sättigung der lasierend aufgetragenen Farbschichten eine beeindruckende Tiefenwirkung erzielt. Oft teilt er die Leinwände in einzelne Segmente auf, die dann wie eigenständige Bilder im Bild miteinander in Dialog treten. Ein schönes Beispiel dafür ist das Diptychon Ohne Titel (2018) aus der Sammlung der Mobiliar. Auf die hellgraue Grundierung hat Schneeberger hier in lockerer, flüssiger Bewegung mit breitem Pinsel und kraftvollem Strich dunkelgraue, sepiafarbene und schwarze Balkenmuster übereinandergeschichtet. Der dadurch entstandene pulsierende Rhythmus aus Linienrastern, Streifensegmenten und Farbwolken verleiht der Malerei eine raue Körperlichkeit, die verstärkt wird durch Bearbeitungsspuren von Wischlappen oder Holzlatten. «Meine Malerei ist sehr physisch», sagte Schneeberger 2019 in einem Interview, «vielleicht eher eine Art Bauarbeit.» Dazu passt sein Faible für ständig wechselnde Hängungen und Auslegeordnungen auf dem Boden, oft dicht an dicht, zur Steigerung der Wahrnehmungsintensität.
Lukas Schneeberger gehört einer Generation junger Kunstschaffender in der Schweiz an, die auf eigenständige Weise die Tradition einer gestischen, von Experiment und Zufall geprägten Malerei fortschreiben und sich dabei immer wieder neu der Frage stellen, wann genau eine Leinwand mit Farbe zum Bild wird und wann eine Ansammlung von Bildern zur Ausstellung.
Lukas Schneeberger, 1983 in Zürich (CHE) geboren, lebt und arbeitet in St. Gallen (CHE).
Tätigkeitsbereiche: Malerei, Zeichnung