Das kubanische Künstlerkollektiv Los Carpinteros entwirft in Zeichnungen, Filmen, Skulpturen und raumgreifenden Installationen ebenso humorvolle wie hintergründige Allegorien auf die sozialen und politischen Bedingungen im Kuba der Gegenwart.
Bekannt wurden Los Carpinteros (Die Schreiner) in den 1990er-Jahren mit improvisierten Möbelarchitekturen, die sie aus Altholz bauten. Daher rührt auch ihr Name, der ihr Faible für handwerkliche Prozesse als Demonstration der Handlungsfähigkeit in einer von Mangel und Stillstand geprägten Gesellschaft in den Blick rückt. Die künstlerischen Strategien des Kollektivs, das seit 2003 als Duo arbeitet, sind Umkehrung und Verwandlung. Markante Hochhäuser in Havanna standen den Künstlern so schon Modell für Schubladenschränke, ein banales Bett mutierte durch Einfügen einiger Rahmenprofile zur Achterbahn durch chaotisches Terrain zwischen Traum und Realität und der einst so stolze Sowjetstern zum spiessigen Grilldesign für postrevolutionäre Barbecues.
Ein wiederkehrendes Motiv in ihrem Werk ist die Verflüssigung von Objekten. Immer wieder lassen sie in Zeichnungen oder Installationen Lampen, Schiffe oder Musikinstrumente in den Pfützen ihrer vermeintlich schmelzenden Volumen versinken. Verflüssigung erscheint hier zugleich als Prozess des Zerfalls und der Aktivierung, Moleküle geraten in Bewegung, Veränderung nimmt ihren Lauf. Daran knüpft auch die Arbeit Derrame de pared II von 2010 an, die ein zur Linie erstarrtes Rinnsal an der Wand bildet, das am Boden in eine glänzende Pfütze übergeht. Wie Quecksilber aus einem geplatzten Fieberthermometer scheint das Aluminium hier durch die Wand zu dringen und verweist so auf einen verborgenen Kreislauf, der im Innern der Mauern zu zirkulieren scheint. Man kann darin die schöpferische Kraft sehen, die aus den Ritzen eines erstarrten Systems quillt.
Los Carpinteros verbinden in ihrem Werk Elemente des Surrealismus und der Konzeptkunst, um dem Aufbruch in eine bessere Welt, den die Gesellschaftsutopien des 20. Jahrhunderts zwar versprachen, aber schuldig blieben, neue Impulse zu geben.
Los Carpinteros, gegründet 1992 in Havanna (CUB) von Marco Antonio Castillo Valdes, geboren 1971 in Camagüey (CUB), Dagoberto Rodríguez Sánchez, geboren 1969 in Caibarién (CUB), und Alexandre Arrechea Jesus Zambrano, geboren 1970 in Trinidad (CUB). Zambrano schied 2003 aus der Gruppe aus. Los Carpinteros leben und arbeiten in Havanna und Madrid (ESP).
Tätigkeitsbereiche: Skulptur, Installation, Zeichnung, Klangkunst, Video/Film