Isabelle Krieg erkundet in ihren Installationen und Fotografien den Reichtum an Bildern, die sich in banalen Dingen oder unscheinbaren Situationen verstecken. Viele ihrer Arbeiten gehen von sprachlichen Wendungen aus und spielen mit deren Mehrdeutigkeit.
Der Titel ihrer zwischen 2001 und 2003 in Berlin entstandenen Fotoserie ist da in doppelter Hinsicht Programm: Die Welt entdecken. Dafür hatte Krieg in einem verlassenen Gebäude den Unterschlupf einer fiktiven Obdachlosen eingerichtet und in die Spuren dieses erfundenen Lebens wie zufällig die Konturen der Weltkarte eigeschmuggelt: als bröckelnde Farbinseln im Putz, aus Marmeladenresten auf einem leeren Teller oder verschüttetem Kaffee auf dem Herd. Die Welt entdecken, 2011 auch in Buchform erschienen, zeigt eine zentrale Qualität der Kunst von Isabelle Krieg: Sie öffnet die Augen für die Schönheit des Beiläufigen, die wir nicht bemerken, weil sie von Routinen des Sehens und der Sprache verstellt ist. Kriegs Arbeiten atmen jene Mischung aus Poesie, Humor und Scharfsinn, die es braucht, um in Wolken Tiere erkennen zu können – oder in kopfüber vom Hotelbett aus beobachteten Deckenlampen exotische Gewächse. Diesem Blick gilt die Fotoserie Tapfere Blumen (2007–2011), die Krieg als skurrile Typologie von Beleuchtungskörpern aus der Untersicht angelegt hat. Die Kabel, an denen sie hängen, mutieren zu Stielen, die Schwerkraft scheint aufgehoben, Gewissheiten gibt es nicht. Das gilt auch für ihr Gesamtwerk: Seien es die XL-Silikonbrustgebirge, die sie in Parks zu surreal-humorvollen Milchstrassen-Installationen arrangiert, seien es aus verkohlten Ästen in den Raum buchstabierte Sätze über die Hoffnung in der Krise oder ein sanft im Luftzug schwebendes Mobile aus den Knochen einer Katze – Kriegs Kunst führt vor, dass alles, was ist, immer auch ganz anders sein könnte.
Dieser melancholische Witz ihrer Arbeiten ist stark geprägt von Dada, Surrealismus und Popkultur – vor allem von einem romantischen Konzeptualismus, der aus so unterschiedlichen Poetiken schöpft wie den Werken von Eva Hesse und Fischli/Weiss.
Isabelle Krieg, 1971 geboren in Fribourg/Freiburg (CH), lebt und arbeitet in Dresden (DE) und Zürich (CH).
Tätigkeitsbereiche: Installation, Performance, Skulptur, Zeichnung, Fotografie
Dann ist das die heilsamste Art von Fortschritt für die Menschheit.