Hans Jörg Bachmanns Fotografien, Tuschmalereien und Zeichnungen strahlen eine meditative Ruhe aus, die sich der Konzentration der künstlerischen Mittel verdankt sowie dem intensiven Interesse des Künstlers an den Ordnungen und Strukturen natürlicher Umgebungen und Prozesse.
Die Erkundung und Vermittlung der Bedingungen von Schönheit beschäftigt Bachmann seit jeher. 1976 machte er zunächst sein Sekundarlehrerdiplom in St. Gallen, bevor er Ende der 1970er-Jahre an der Universität der Künste in Berlin Malerei und Kunstpädagogik studierte. Von 1980 bis 2012 lehrte er an verschiedenen Schulen und Hochschulen, unter anderem Fotografie an der F+F Schule für Kunst und Design in Zürich. Zudem war er 1985 Mitbegründer der Kunsthalle St. Gallen und bis 1992 deren Präsident. Ein zentraler Aspekt seiner fotografischen Arbeit, die er neben dem Lehrberuf seit Mitte der 1980er-Jahre konsequent verfolgt hat, ist die Suche nach der Grenze zwischen dem Sakralen und dem Säkularen in traditionellen, naturnahen Gesellschaften. Immer wieder ging und geht er deshalb auf Reisen, zu Arbeitsaufenthalten nach Andalusien, Mexiko, Havanna, Shanghai – und seit 2013 wiederholt nach Kyoto.
Die Serie Nenbutsu-ji (2018) aus der Sammlung der Mobiliar umfasst sechs Schwarz-Weiss-Fotografien, die Bachmann während eines mehrmonatigen Arbeitsaufenthalts in Kyoto im Garten des im 8. Jahrhundert gegründeten Otagi-Nenbutsu-ji-Tempels machte. Die Anlage war über Jahrhunderte hinweg verfallen, bevor Kocho Nishimura sie 1955 als Priester übernahm und renovierte. Teil dieser Wiederbelebung war die Idee, dass jeder Besucher eine unter Kochos Anleitung gefertigte Stein-Statue seiner selbst hinterlassen sollte. Zwischen 1981 und 1991 entstanden auf diese Weise rund 1200 sogenannte Rakan-Statuen, welche die Schüler des historischen Buddha symbolisieren sollen und seither im Tempelgarten als stumme Schar bemooster, von Flechten überzogener Figuren mit den unterschiedlichsten Gesichtszügen die Zeit verstreichen sehen. Bachmanns Fotoserie in abstrahierendem Schwarz-Weiss erkundet auf behutsame Weise die Balance von Materialität und Spiritualität, in der diese Statuen verharren.Mit seinem ruhigen, konzentrierten Blick auf die Schönheiten der Natur und das Verhältnis des Menschen zu ihr gehört Bachmann neben Guido Baselgia zu den großen Poeten der zeitgenössischen Fotoszene in der Schweiz.
Hans Jörg Bachmann, 1949 in Arbon (CHE) geboren, lebt und arbeitet in Biel / Bienne (CHE).
Tätigkeitsbereiche: Fotografie, Künstlerbuch, Malerei, Zeichnung