Cécile Wick malt mit der Kamera, so scheint es. Schnappschüsse sucht man in ihrem Werk vergeblich, denn in ihren Aufnahmen und Fotoserien von Blüten, Bäumen, Wasser- oder Berglandschaften spielt die Zeit, spielt Ruhe eine ganz wesentliche Rolle. Sie ist der Schlüssel zu dem, wonach die Künstlerin sucht: zu einer Umsetzung ihrer inneren Bilder.
Sie erinnern an zartes Blütendekor auf japanischem Porzellan: die Zweige und Blüten auf den drei Bildern der Reihe Fiori di notte von 2005. Aus tiefschwarzer Nacht ranken sie sich dem Betrachter entgegen und wirken dank einer präzisen Lichtsetzung wie hingetupft. Die Nähe zur japanischen Kunst ist insofern bemerkenswert, als Wick erst im Jahr nach der Produktion dieser Fotoreihe eine Reise nach Japan unternahm, die sie schliesslich dazu inspirierte, parallel zu ihrem fotografischen Werk Tuschzeichnungen anzufertigen. Seither entstehen auch in diesem Medium Bilder von zarten, teils getupften, teils linearen Strukturen. Die Analogie hat ihren Ursprung demnach nicht in einer direkten Beeinflussung von aussen, sondern vielmehr in einem Gleichklang, einer verwandten Ästhetik, die sich durch stille Intensität auszeichnet. Zu «Nachtblüten» hat Wick noch weitere Bildserien gemacht, und dieses Arbeiten in Serien – auch in den Zeichnungen und Grafiken – ist charakteristisch für ihre künstlerische Praxis. Die Serie bringt den Faktor Zeit ins Spiel, die subtilen Veränderungen, Verschiebungen, Metamorphosen, die sich zwischen zwei oder mehreren Bildern eines Motivs ergeben. Die Identität von Werk und Zeit spielte schon zu Beginn von Wicks Laufbahn als Künstlerin eine zentrale Rolle: Sie hatte nach Kunstgeschichte und Literatur auch Theater studiert und fand so in den frühen 1980er-Jahren zur Performance und Videokunst. In der zweiten Hälfte der 80er-Jahre experimentierte sie mit der Lochbildkamera, einer Aufnahmetechnik, die Zeit erfordert und ruhiges Verharren. Wenig später begann sie, mit Digitalkameras zu arbeiten, die ihr Spielraum für vielfältige künstlerische Manipulationen gewähren.
Cécile Wick überzeugt mit einem Œuvre, das sich immer wieder neue Wege bahnt und doch stets als das ihre erkennbar bleibt. Bis 2016 lehrte sie als Professorin an der Zürcher Hochschule der Künste. 2006 widmete ihr das Kunstmuseum Basel eine viel beachtete Einzelausstellung. Mit dem Künstler Peter Radelfinger entwickelt sie seit 1998 Kunst-am-Bau-Projekte.
Cécile Wick, 1954 in Muri (CHE) geboren, lebt in Zürich (CHE).
Tätigkeitsbereiche: Performance, Video, Fotografie, Malerei, Zeichnung, Druckgrafik, Kunst am Bau