Alois Lichtsteiner (*1950)

© Alois Lichtsteiner

Alois Lichtsteiner signierte Die Wurzel mit dem Namen seines Geburtsortes Ohmstal. Der Künstler weist damit einerseits weg von sich als Person, andererseits aber hin zu seinen Ursprüngen. Die «Wurzel» steht symbolisch für sein Heimatdorf wie auch für seine Verbundenheit mit der Malerei und ihrer Geschichte.

Steht man vor dem Gemälde, beeindruckt das grosse Hochformat, die Leuchtkraft der Farbflächen und die Signalwirkung der Form. Ein warmes, bei Sonnenlicht hell leuchtendes Gelb wird von einer weissen, mehr einem Reisszahn als einer Wurzel gleichenden Form beinahe zerteilt. Im oberen Teil bildet ein sattes Blau den Abschluss. Man wird an eine Landschaft oder an einen Längsschnitt durch Luft, Erde und Wurzel erinnert. Für Lichtsteiner steht nicht die Darstellung des Gegenstandes im Vordergrund, er benutzt diesen vielmehr als Vorwand, um Farben auf eine Fläche zu malen. Die Bildmotive sind so gewählt, dass sie starke Gefühle und Ahnungen hervorrufen oder an etwas Bestimmtes erinnern, ohne es abzubilden.

Der Maler Lichtsteiner besitzt ein Gespür für die Wirkung des Materials. Einem «maître ébeniste», dem Intarsienmeister, gleich, der die Maserungen und Töne seines Holzes kennt, fügt er elementare Farben und Formen behutsam zusammen. Er weiss, welche Qualitäten seine Farben besitzen, welche Lichtwerte ihnen innewohnen und welche Oberflächenstruktur er durch sie erzeugen kann. Man kann den Vergleich weiterziehen und das Furnier einer Tischlerarbeit mit der Farbschicht der Leinwand vergleichen. Diese sogenannte Farbhaut, die in den Werken Lichtsteiners oft bis zu einem Zentimeter dick ist, wird durch kräftige Pinselstriche bewegt, die gleichlaufend oder in Wirbeln über das Bild ziehen. Dort, wo die einzelnen pastosen Flächen an den leicht gebogenen Linien aneinanderstossen, werden die verschiedenen Malschichten sichtbar. An gewissen Stellen bricht – wiederum den Einlegearbeiten eines Tischlers vergleichbar – die Grundierung durch, und wie selbstverständlich dringt malerische Fülle durch die Farbhaut. Zusammen evozieren die elementaren Formen und die leuchtenden Farben im monumentalen Format eine packende Spannung fern von allem Dekorativen – sie grenzen sich damit vom Ornamentalen einer Holzarbeit deutlich ab. Die Qualitäten der Arbeiten Lichtsteiners sind fast nur vor dem Original sichtbar – die physische Präsenz der Farbschichten, ihr pastos bewegter Auftrag und ihre Leuchtkraft gehen in der Reproduktion grösstenteils verloren.

(Quelle: Katalog ‚Innovation und Tradition‘, Bern 2001)

Werke von Alois Lichtsteiner

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Alois Lichtsteiner

Bitte d'amarrage I

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Alois Lichtsteiner

Hommage an Tomas Kratky

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Alois Lichtsteiner

Ohne Titel (Berg)

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Alois Lichtsteiner

Wurzel